Traineeprogramm für Berufseinsteiger/-innen in der Jugendhilfe
Ausgangspunkte und Entstehung
Zur geographischen Orientierung: Die Region Rosenheim liegt zwischen München und dem Chiemsee in Südostbayern und grenzt im Süden an Österreich. In der Region leben rund 320.000 Menschen in einer ländlichen, kleinstädtischen Region, mit der kreisfreien Stadt Rosenheim im Zentrum. Der Raum Rosenheim ist durch die Nähe zu München geprägt, ebenso wie durch positive Wirtschaftsdaten und eine gute Beschäftigungslage. Die Region zeichnet sich auch durch einen hohen Freizeitwert (Tourismus) aus.
Der stetig zunehmende Bedarf an sozialpädagogischen Fachkräften in der Jugendhilfe einerseits und der Rückgang an Bewerbungen auf offene Stellen andererseits führte dazu, dass im Jugendhilfeausschuss des Landkreises Rosenheim im Sommer 2009 beschlossen worden ist, eine Arbeitsgruppe (bestehend aus Caritas Kinderdorf Irschenberg, Diakonie – Jugendhilfe Oberbayern, Startklar – SozialeArbeit, Kreisjugendamt und Amt für Kinder, Jugend und Familie Rosenheim einzusetzen, die sich mit dem Thema befassen soll.
Die Verwaltung des Kreisjugendamtes Rosenheim wird beauftragt, zusammen mit den freien Trägern der Jugendhilfe im Landkreis Rosenheim eine Arbeitsgruppe einzusetzen, um ein Konzept für die zukünftige Gewinnung qualifizierter Fachkräfte in der Jugendhilfe im Landkreis Rosenheim zu entwickeln. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind dem Jugendhilfeausschuss vorzustellen.
Da in Stadt und Landkreis Rosenheim nahezu die gleichen freien Träger in der Jugendhilfe vertreten sind, soll angestrebt werden, die Stadt Rosenheim in den Prozess einzubinden.
Im Herbst 2010 ist dem Jugendhilfeausschuss zunächst eine Vision vorgelegt worden, in der zentrale Punkte für die Gewinnung von Fachkräften benannt worden sind:
Die in einem Trägerverbund zusammengeschlossenen Träger der Jugendhilfe in Stadt und Landkreis Rosenheim stellen eine steigende Nachfrage von pädagogischen Fachkräften nach offenen Stellen in der Region Rosenheim fest.
Mehr Bewerbungen!
Die pädagogischen Fachkräfte in der Jugendhilfe, welche an dem Programm teilnehmen, erweitern ihre fachliche Kompetenz in beruflicher und persönlicher Hinsicht. Damit erhöht sich ihre professionelle Attraktivität für die beteiligten Jugendhilfeträger, weil sie besser und vielseitiger einsetzbar sind.
Mehr Kompetenz!
Zwischen den beteiligten Jugendhilfeträgern besteht eine intensive Form der Kooperation und eine Kultur der Zusammenarbeit. Diese wirkt sich positiv auf die Mitarbeiter und auf die Qualität der gesamten Sozialen Arbeit im Bereich der Jugendhilfe aus.
Positive Wirkung für die Jugendhilfe!
Diese damals als „Vision“ bezeichneten Punkte sind später auch als Ziele in die Konzeption für das Traineeprogramm aufgenommen worden. Auf der Basis der drei Punkte ist die Entwicklung eines Konzepts zur Umsetzung vom Jugendhilfeausschuss in Auftrag gegeben worden. Schließlich ist im Jugendhilfeausschuss im März 2011 das Konzept des Traineeprogramms mit der dazugehörigen Kooperationsvereinbarung beschlossen worden, so dass im Frühjahr 2012 der erst Kurs im Rahmen des Traineeprogramms starten konnte.
Die Kooperationsvereinbarung zum Traineeprogramm
In der Kooperationsvereinbarung sind die Rahmenbedingungen für das Traineeprogramm abgestimmt und festgeschrieben worden.
Zielgruppe der Vereinbarung sind neu angestellte Fachkräfte bei Freien und Öffentlichen Trägern der Jugendhilfe in Stadt und Landkreis Rosenheim ohne Erfahrung in der Jugendhilfe.
Das Dienstverhältnis der neu angestellten Fachkraft liegt in Alleinverantwortung des Anstellungsträgers. Für die Teilnahme am Traineeprogramm ist eine Mindestarbeitszeit von 27 Wochenstunden erforderlich.
Die Teilnahme an dem Traineeprogramm ist freiwillig.
Das Programm ist auf 24 Monate angelegt und umfasst insgesamt 288 Stunden. Davon sind 50% als Arbeitszeit und 50% als Freizeit einzubringen.
Die öffentlichen Träger übernehmen pauschalierte Personalkosten für die Freistellung bei den freien Trägern. Die Sachkosten (Tagungsräume, Verpflegung, Peergrouptreffen etc.) werden durch die freien Träger übernommen.
Jeder der zunächst fünf beteiligten Träger benennt einen Projektverantwortlichen. Aus diesen wird eine Steuerungsgruppe gebildet, die sich für die Durchführung des Traineeprogramms fachlich und organisatorisch verantwortlich. Die Anmeldung zu dem Programm erfolgt durch den Anstellungsträger.
Ergänzend zu den fünf ursprünglichen Trägern kamen im Jahr 2013 die folgenden Träger dazu: Arbeiterwohlfahrt – Kreisverband Rosenheim, Kinderschutzbund Rosenheim, Stadtjugendring Rosenheim, Stiftung St. Zeno und der Verein Pro Arbeit Rosenheim.
Das Konzept des Traineeprogramms
Das Traineeprogramm besteht aus drei Modulen:
- Hospitationen
- Workshops und
- Peergrouptreffen
Hospitationen
Im Verlauf der ersten zwei Anstellungsjahre verpflichten sich Mitarbeitende, ein Programm zu absolvieren, in dem weitere Arbeitsbereiche der Jugendhilfe als der des Anstellungsträgers kennen gelernt werden.
Hospitationen finden in insgesamt 4 unterschiedlichen Arbeitsbereichen statt: pro Bereich 40 Stunden, d.h. jeweils 5 Tage à 8 Stunden, - insgesamt 4 Wochen in 2 Jahren.
Hospitationen ermöglichen das Sammeln von Erfahrungen bei Freien und Öffentlichen Trägern.
Die Hospitationen können in den folgenden Arbeitsfeldern der Jugendhilfe stattfinden:
- Ambulante Erziehungshilfen
- Teilstationäre Erziehungshilfen
- Stationäre Erziehungshilfen
- Sozialraumorientierte Jugendhilfe in der Stadt Rosenheim (RSD)
- Regionalisierte Jugendhilfe im Landkreis Rosenheim (ASD)
- Jugendsozialarbeit an Schulen/Arbeitsintegration
- Pflegekinderwesen/Adoptionsvermittlung im Kreisjugendamt
- Jugendhilfe im Strafverfahren im Kreisjugendamt
- Kommunale, Offene und Verbandliche Jugendarbeit
Workshops
An insgesamt 10 Tagen werden in insgesamt 4 Workshops die wichtigsten fachlichen Herausforderungen in der Jugendhilfe bearbeitet und geübt. Die Inhalte lassen sich den Überschriften Grundlagen, Eltern, Kinder und Jugendliche, Beratung und Kindesschutz zuordnen.
Die von der Steuerungsgruppe ausgewählten Themen, wie z.B. rechtliche Grundlagen, Hilfeplanung, Input zu konkreten Problemlagen von Klienten, Diskussion möglicher Herangehensweisen, Ressourcenorientierung, Netzwerkarbeit, Gefährdungseinschätzung usw. werden zum Abschluss jedes Kurses mit den Trainees reflektiert. Deren Bewertungen fließen in die Workshop-Planung des nächsten Kurses mit ein.
Die Leitung der jeweiligen Workshops übernehmen erfahrene Praktiker aus der Jugendhilfe der Region Rosenheim. Die Referenten erhalten keine gesonderte Vergütung für die Durchführung der Workshops.
Die Workshops finden immer ganztägig statt.
Peergroup
In den Peergroups findet der fachliche Austausch über die Lernerfahrungen bei den jeweiligen Hospitationen und in den Workshops statt.
Die Lernerfahrungen werden in Gruppenarbeit und in einem geschützten Rahmen individuell vertieft, differenziert und gesichert.
Die Peergroups werden von erfahrenen Praktikern aus der Jugendhilfe in der Region Rosenheim geleitet. Die Steuerungsgruppe entscheidet über die Leitungsbesetzung.
Aufgaben der Steuerungsgruppe
Der Steuerungsgruppe kommt eine zentrale Bedeutung bei der Umsetzung und Ausgestaltung des Traineeprogramms zu. Die wesentlichen Aufgaben sind:
- Koordination der Hospitationsstellen
- Vereinbarung von verbindlichen Standards
- Organisation der Qualifizierungsworkshops
- Organisation und Durchführung der Peergroup-Treffen
- Ansprechpartner nach innen wie nach außen
- Steuerung des Projekts und der weiteren Entwicklung
- Auswertung und Präsentation der Ergebnisse
- Organisation der Sitzungen der erweiterten Steuerungsgruppe
Mindestens einmal in zwei Jahren lädt die Steuerungsgruppe alle an dem Traineeprogramm beteiligten Träger zu einer Versammlung ein. Von dieser Versammlung wird die Steuerungsgruppe bestätigt oder neu besetzt.
Die Umsetzung
Wie oben ausgeführt, hat 2012-2014 der erst Kurs im Rahmen unseres Programms stattgefunden. Der Ablauf des Programms ist auf der folgenden Seite auch graphisch dargestellt.
Bei der Auftaktveranstaltung steht das Kennenlernen der Trainees im Vordergrund. Daneben wird das Programm vorgestellt und erläutert. Ein wichtiger Punkt bei dem Auftakt ist die Vorstellung der Hospitationsstellen.
Die Workshops und Peergrouptreffen sind bereits zu Beginn des Programms terminiert. Dagegen werden die Hospitationen von den Trainees in den 24 Monaten selbständig vereinbart.
Alle Unterlagen, wie Anmeldungen Skripten etc. werden zentral verwaltet und sind in einem geschützten Bereich auf der Homepage des Traineeprogramms unter www.trainee-jugendhilfe.de abgelegt.
Für jeden Kurs gibt es eine feierliche Abschlussveranstaltung, die einen Rückblick und die Bewertung der einzelnen Module des Programms beinhaltet. Zum Schluss erhalten die Trainees ein Zertifikat für ihre Teilnahme.
Inzwischen findet der fünfte Kurs im Rahmen des Traineeprogamms statt. Mit dem aktuell laufenden Kurs haben bisher 45 Fachkräfte das Programm durchlaufen.
Ergebnisse der Auswertungen
Die Trainees bewerten für sich als Gewinn:
- den Einblick in verschiedene Aufgabenfelder der Jugendhilfe in der Region und deren Zusammenwirken
- das Kennenlernen der handelnden Personen in der Jugendhilfe
- den informellen Austausch unter Berufseinsteigern
- die Themenauswahl und die Referenten der Workshops.
Gewinn aus Sicht der Leitungsebene der Träger:
- ein hohes Interesse von Bewerbern am Traineeprogramm
- eine Diskussion und Abstimmung der fachlichen Standards unter den Jugendhilfeträgern
- die Würdigung der lokalen Angebotsvielfalt
- und Raum für Standortbestimmung und Entwicklungsimpulse.
Johannes Fischer
Kreisjugendamt Rosenheim
Tel.: 080 31/392-23 00
E-Mail: johannes.fischer@lra-rosenheim.de