Mo.Ki "inklusiv" - Das Kind im Blick
Projektbeschreibung:
Kinder mit Störungen in der sozialen und emotionalen Entwicklung fallen oft schon durch ihr Verhalten in der Kindertagesstätte auf. Zu dieser Zeit sind jedoch die gesellschaftlichen Anforderungen an die Anpassung in Gruppenkontexten noch nicht so hoch ausgeprägt wie später in der Schule. Wird aus dem Kindergartenkind dann ein Schulkind werden durch die Anforderungen in der Schule die vorhandenen Auffälligkeiten und Störungen sichtbarer und ausgeprägter. Der „Hauptjob“ der Kinder und späteren Jugendlichen beginnt in der Regel mit der Schulpflicht im Alter von 6 Jahren und endet erst 10 Jahre später. Somit wird die Schule auch zu einem zentralen Lebensort für Kinder und Jugendliche. Aus Sicht der Erziehungshilfe stellen wir fest, dass besonders in dieser Zeit Familien an die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit kommen können. Die Folge ist, dass das auffällige Verhalten dazu führen kann, dass Kinder und Jugendliche in eine Spirale der negativen Verstärkung geraten, an deren Ende ein Schulabbruch steht und damit weitere Schwierigkeiten auf dem Lebensweg folgen können. Die Unterstützung der Familiensysteme, die aufgrund des steigenden Drucks mit ihren Möglichkeiten das Kind und den Jugendlichen zu erziehen an ihre Grenze gekommen sind, wird dann oft von der Erziehungshilfe erwartet. Die Schule ist ein zentraler, gesamtgesellschaftlicher äußerst bedeutsamer Lebensort für alle Kinder und Jugendlichen. Durch die Ganztagsbetreuung ist diese Rolle noch gewichtiger geworden. Umso sinnvoller erscheint es, hier die für das Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung bedeutsamen Kräfte, also Schulsystem, die Systeme der freien Jugendhilfe, der öffentliche Jugendhilfe, der Eingliederungshilfen und des Gesundheitswesens miteinander in Kooperation und Abstimmung zubringen, um dieses Aufwachsen, insbesondere für Kinder und Jugendliche in Risikolagen, gelingen zulassen. Unterstützungen für diese Kinder und Jugendlichen sind auch im System Schule vorhanden. In den Schulen finden sich immer mehr Nichtlehrende mit unterschiedlichen Aufträgen und Anstellungsträgern. Diese arbeiten jedoch additiv und Hilfen durch individuellen Rechtsanspruch stehen unverbunden neben unterrichtlichem Geschehen und anderen Unterstützungssystemen. Teilweise überfordert die dadurch entstandene Komplexität damit bereits die Systeme selbst. Die zentrale Schwerpunktsetzung des Projektes liegt daher auf einer koordinierten und multiprofessionellen Zusammenarbeit zwischen der Jugendhilfe, der Schule und den Eingliederungshilfen am Lebensort Schule unter Einbeziehung des Familiensystems. Zielsetzungen sind eine Bündelung der Kräfte aus den unterschiedlichen Rechtskreisen, eine präventive Unterstützung von Kindern in Risikolagen und eine abgestimmten Jugendhilfe-, Förder- und Unterrichtsplanung. Das Projekt konzentriert sich mit seinen Inhalten auf den Bereich der Sekundärprävention.
Die wesentlichen Bausteine des Projektes bilden:
• die Entwicklung der multiprofessionelle Zusammenarbeit und Qualifizierung aller am Schulort tätigen,
• die Entwicklung einer neuen Fachstelle zur Moderation und Koordination der multiproffessionellen Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule,
• eine antragsfreie Unterstützung durch die Jugendhilfe in der Schule.
Das hier beschriebene Pilotprojekt verfolgt folgende übergeordnete Zielsetzungen:
• Insbesondere am Lebensort Schule wird die systemübergreifende multiprofessionelle Zusammenarbeit weiter entwickelt und gestärkt. Hierzu entwickeln die Projektpartner notwendige ganzheitliche konzeptionelle Ansätze, welche alle bisherigen Ansätze, Förderprogramme und Maßnahmen der verschiedenen Rechtskreise berücksichtigen und einbeziehen.
• Orientiert an ihren individuellen Bedarfen und ihren Lebenswelten erhalten alle Kinder und Jugendlichen mit emotionalen und sozialen Verhaltensproblemen eine umfassende Förderung.
• Die Familien erhalten Beratung und ggf. weiterführende Hilfen für den Umgang mit emotionalen und sozialen Verhaltensproblemen im Alltag und im sozialräumlichen Umfeld.
• Zur Umsetzung der Vision, perspektivisch alle Kinder/Jugendlichen möglichst inklusiv zu beschulen, werden weitere konzeptionelle Ansätze während der Projektlaufzeit entwickelt.
• Somit könnten Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischen Förderbedarfen zunehmend in Schulen des gemeinsamen Lernens unterrichtet werden und können sich als Teil der allgemeinen Schule unter größtmöglicher Vermeidung einer Stigmatisierung aufgrund ihrer Behinderung und/oder Verhaltensauffälligkeit erleben.
In der kontrovers geführten Fachdebatte steht häufig die Ressourcenfrage im Vordergrund. Unser Projekt zielt allerdings auf das Zusammenwirken und Zusammenspiel, der über verschiedene Rechtskreise in den Schulen tätigen Lehr- und Fachkräfte und einen ganzheitlichen Blick auf die individuellen Bedarfe der Kinder und Jugendlichen ab, was ein hohes Maß an multiprofessioneller Zusammenarbeit voraussetzt.
Finanzierung:
Das Projekt wird durch die Stiftung Wohlfahrtpflege NRW und die Bergische Diakonie Sozialdienstleistungen gGmbH finanziert und hat ein Gesamtvolumen von rund 2,1 Millonen Euro.
Evaluation:
Das Projekt wird im Rahmen einer unabhängigen Evaluation wissenschaftlich durch die Universität zu Köln, die Humanwissenschaftliche Fakultät, Department Heilpädagogik und Rehabilitation begleitet. (Leitung: Vetr.-Prof. Dr. Karolina Urton, Prof. Dr. Thomas Hennemann)
Mit der Begleitevaluation wird untersucht, inwieweit durch die präventive, flexible und multiprofessionellen Bereitstellung von Unterstützung ein positiver Effekt auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen im System Schule erzielt werden kann. Ausgehend von den im Rahmen einer Potentialanalyse erhobenen Ressourcen und Entwicklungsfelder in den beteiligten Schulen wird hierbei auch die Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen in den multiprofessionellen Teams sowie die Kooperation mit den Eltern evaluiert Zielgruppen.
Im Rahmen der geplanten Evaluationsstudie werden alle beteiligten Personenkreise konsequent mit einbezogen. So erfolgt die Evaluation auf der Ebene der Schülerinnen und Schüler, der multiprofessionellen Unterstützerteams (unter Beteiligung der Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulsozialarbeit, Fachstellen des Projektes, Schulbegleitung, Schulpsychologie und weiterer Netzwerkpartnern sowie der Eltern).
Inhalte der Evaluation:
Die Evaluation umfasst die folgenden thematischen Schwerpunkte:
• emotional-soziale und akademische Entwicklung der Schülerinnen und Schüler
• multiprofessionelle Zusammenarbeit
• Zusammenarbeit von Elternhaus und multiprofessionellen Unterstützerteams
Erhebungsinstrumente:
Es kommen Fragebögen sowie teilstrukturierten Interviews zum Einsatz. Mit Blick auf die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen werden standardisierte Testverfahren und kontrollierte Einzelfallstudien durchgeführt sowie die Analyse von Dokumenten vorgenommen.
Evaluationszeitpunkte:
Die Erhebung findet zu drei Messzeitpunkten im jährlichen Abstand statt. Dabei erfolgt die erste Erhebung vor der Intensivierung der systematischen Zusammenarbeit der multiprofessionellen Unterstützerteams.
Rückmeldung der Ergebnisse:
Die Ergebnisse werden den jeweiligen Schulen prozessbegleitend zur Weiterentwicklung zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Steuergruppe und in den politischen Gremien werden Zwischenergebnisse regelmäßig berichtet und hinsichtlich der Weiterentwicklung des Projektes diskutiert. Die Gesamtdarstellung der Ergebnisse erfolgt in Berichtsform zum Abschluss des Projektes.
Best-Practice:
Das Projekt Mo.Ki „inklusiv“ umfasst gleichzeitig verschiedene Aspekte anderer Projekte (zum Poolen, Qualifizierung oder Multiprofessionalität) und entwickelt diese weiter. Schon jetzt wird sehr deutlich, dass in der Stärkung, Moderation und Koordination der Multiprofessionellen Zusammenarbeit ein Schlüssel zur Weiterentwicklung der inklusiven Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule liegt. Es zeigt sich, dass sich ein aufeinander abgestimmtes und reflektiertes pädagogisches Handeln entwickelt und schulische Fördermöglichkeiten voll ausgeschöpft werden können, bevor die Angebote der Antragsfreien Jugendhilfe eingesetzt werden. Die ersten Ergebnisse des Projektes deuten darauf hin, dass es zur Entwicklung einer inklusiven Schul- und Jugendhilfelandschaft wesentliche Bausteine beitragen kann. Für die noch ausstehenden landesgesetzlichen Ausführungen der §§ 10, 13, 27, 3 und 35a des neugefassten SGB VIII kann die Entwicklung einer Antragsfreien Jugendhilfe im Schulsystem wegweisend sein. Sie verbindet sowohl Struktur- als auch Individualhilfen und bietet damit die Möglichkeit, das zur Zeit oft bestehende Dilemma zwischen den unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen zu überwinden. Im Hinblick auf die bis 2028 beabsichtigte Zusammenführung von Jugend- und Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche können die Grundidee und Ergebnisse des Projektes in einen neuen qualifizierten Leistungskatalog der Hilfen einfließen.
Bergische Diakonie Sozialdienstleistungen gGmbH
Hilde Benninghoff-Giese
Abteilungsleitung
Erfurtweg 27
42489 Wülfrath
Tel.: 02022729953 oder 0202272990
E-Mail: hilde.benninghoff.giese@bergische-diakonie.de
Öffentlichkeitsarbeit und Dokumentation:
Bisher:
• https://izef.uni-koeln.de/forschung/izef-forschungsgruppen/izef-fg-inklu...
• facebook und Instagram
• Expertenworkshop 11.6.2021 mit 82 Teilnehmenden
• Freundesbrief der Bergischen Diakonie
• Vorstellung des Projektes auf dem Fachtag „Inklusion in den Erziehungshilfen: Grundlagen, Bedingungen, Innovationen 15.6.2021
• Artikel in der Rheinischen Post https://rp-online.de/nrw/staedte/langenfeld/monheim-verhaltenssauffaelli...
• Artikel in der Westdeutschen Zeitung https://www.wz.de/nrw/kreis-mettmann/langenfeld-und-monheim/monheim-monh...
• Newsletter LVR https://www.lvr.de/de/nav_main/derlvr/presse_1/pressemeldungen/press_rep...
Geplant:
• Praxisbericht von Natalie Deissler-Hesse über das Projekt Mo.Ki „inklusiv Veröffentlichung im LVR Jugendhilfereport 9/21, und „Gute Praxis“ geplant
• Präsentation auf dem Fachtag „„Rechtsanspruch auf Ganztag – vom Kind aus Denken!“,16.11.21 online, Veransalter: EREV-Bundesverband evangelischer Erziehungshilfe
• 2. Expertenworkshop des Projektes zum Thema: Alle in einen Pool!? 23.11.2021 Referentin: Stefanie Ulrich