Praxisbeispiel | Gelebte Inklusion am Beispiel des Kinderhauses Wunderkind

Gelebte Inklusion am Beispiel des Kinderhauses Wunderkind

Kinderhaus Wunderkind

Das Kinderhaus Wunderkind stellt sich vor

Das Kinderhaus Wunderkind wurde auf Basis des bayerischen Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz von 2008-2012 im Jahr 2012 eröffnet. Die Initiative für die Gründung des Kinderhauses basierte auf dem persönlichen Engagement der jetzigen Geschäftsführerin. Langjährige Berufserfahrung und Erfahrungen aus dem privaten Umfeld führten gleichermaßen zur Gründungsidee wie auch zum aktuellen Konzept der Einrichtung. Ebenso wurden alle notwendigen Planungs- und Umsetzungsschritte - von der Renovierung der Mietimmobilie bis zur Betriebserlaubnis - von der Geschäftsführerin persönlich übernommen. Aufgrund der damaligen großzügigen Projektförderung, waren bei der Aufstellung der Einrichtung sehr viele Details beachtet worden: Brandschutz, Kitasicherheit, Finanzierung, Aufsichtsbehörde, Baubehörde, eigene Kapazitäten... all dies musste genauestens aufeinander abgestimmt werden. Sehr schwierig gestaltete sich hierbei die "Gleichschaltung" der verschiedenen Aufsichtsbehörden. Verlangt ein Brandschutz beispielsweise die Türöffnung in Fluchtrichtung, untersagt die Kitasicherheit ein Aufschlagen der Tür in den Gang. Die Schwierigkeiten im Prozess der gelebten Inklusion in der Darstellung gegenüber der Aufsichtsbehörde, Referat für Bildung und Sport, erschienen demgegenüber erst nach und nach. Mit jeder Weiterentwicklung des Hauses in den letzten 10 Jahren auf seinem inklusiven Weg ergeben sich regelmäßig neue Hürden, die bearbeitet werden müssen. Diese resultieren in den meisten Fällen daraus, dass sich die Umsetzungskonzepte (z.B. München wird inklusiv, Münchner Qualitätsmerkmale...) in den vergangenen Jahren nicht wie erhofft weiter entwickelt haben. Daneben war und ist die Recherche und Umsetzung der vielfältigen Finanzierungsmöglichkeiten auch heute noch herausfordernd in der Arbeit des Trägers. Inklusive Pädagogik ist zwar ein allgemein gefordertes Ziel, jedoch stecken die Finanzierungsmodelle und die kommunalen konzeptionellen Rahmenbedingungen noch in den Kinderschuhen. Auch für langjährig berufserfahrene Fachkräfte sind die Vielzahl und die mit ihnen verbundenen Beantragungswege der Kostenträger nur schwer zu durchschauen.

Inklusion soll endlich zur Normalität werden

Im Kinderhaus Wunderkind macht man immer noch die Erfahrung, dass Kinder mit Behinderung aus Behördensicht nach wie vor als eine einheitliche Zielgruppe behandelt werden - die Vielfältigkeit der unterschiedlichen Fähigkeiten und Förderbedarfe gerät dabei aus dem Blick. Auch scheint kein differenziertes Verständnis zwischen Integration und Inklusion vorhanden zu sein. Eine eher defizitorientierte Perspektive auf Kinder mit besonderen Förderbedarfen ist nach wie vor vielerorts anzutreffen. Hinzu tritt nicht selten eine Orientierung an mittlerweile eher veralteten Inklusionskonzepten, die an den praktisch zu lösenden Fragen innerhalb einer inklusiven Einrichtung vorbeigehen. Es bedarf dringend einer veränderten Haltung gegenüber Inklusion - andernfalls sind die Herausforderungen für weitere freie Träger inklusive Angebote zu konzeptionieren und umzusetzen schlicht zu groß. Aus Sicht des Kinderhauses Wunderkind sollte es endlich zur Normalität werden, dass gelebte Inklusion nicht das Bewältigen bereits vorab antizipierter Problemlagen bedeutet, sondern neben einer Bereicherung für Fachkräfte, Eltern und Kinder auch eine Erleichterung für das Management einer Kindertagesstätte sein kann. Im Kinderhaus Wunderkind ist man überzeugt, dass eine moderne, bewusste und fachlich hoch qualifizierte Pädagogik ein gutes Miteinander mit sehr vielen Vorteilen für alle Beteiligten ermöglicht. Einer inklusiven Kindertagesstätte steht ein relevant größerer Finanzumfang zur Verfügung, der ein großzügigeres Raumprogramm, mehr Personal und hochqualifiziertes pädagogisches Arbeiten möglich macht. Davon profitieren Kinder und Fachkräfte gleichermaßen.

Indivduelle Bedarfslagenorientierung

Um eine qualitätsvolle inklusive Praxis in einer Kindertagesstätte umzusetzen, bedarf es einem Höchstmaß an reflektierten und achtsam getroffenen Entscheidungen. Jedes Kind muss in seiner Individualität in den Blick kommen. Dazu gehört auch, dass verschiedene pädagogische Ansätze und Konzepte nicht gegeneinander abgewogen werden, sondern vielmehr das Beste aus jedem Ansatz mit Blick auf die Bedarfslagen des Kindes und seiner Familie herausgezogen und für die Praxis mit Leben gefüllt werden. Im Kinderhaus Wunderkind wird Inklusionsarbeit als dauerhafter dynamischer Prozess verstanden, den die Kinder und ihre Familien als Individuen beständig mit beeinflussen und damit Impulse liefern, um das Konzept der Einrichtung kontinuierlich weiter zu entwickeln.

Heute, im 10. Betriebsjahr, werden im Kinderhaus Wunderkind bis zu 90 Kinder betreut, von denen bis zu 17 einen erhöhten Förderbedarf haben könnten. Die Belegung des Hauses orientiert sich jedoch nicht an nackten Zahlen, sondern erfolgt vielmehr in einer gemeinsamen Abstimmung, was - angesichts der je vorliegenden Zusammensetzung der Kinder - als sinnvoll erscheint. Von den insgesamt 27 Mitarbeiter*innen, sind allein 3 für die hauswirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen verantwortlich: Benötigen wir aktuell eine Rampe oder einen Kitastuhl auf Rollen? Benötigen wir größere oder kleinere Gläser oder eventuell eine Flasche, um allen Bedürfnislagen der Kinder gerecht werden zu können? Die Bearbeitung dieser und ähnlicher Aufgaben durch nicht-pädagogisches Fachpersonal entlastet die Erzieher*innen im Gruppendienst und ermöglicht eine je situativ unterschiedliche Antwort auf die vorhandenen Bedarfslagen der Kinder.

Pädagogische Flexibilität

Maximale Flexibilität als Grundhaltung der Mitarbeiter*innen ermöglicht die Arbeit im Kinderhaus orientiert an den jeweiligen Bedarfslagen der Kinder. Dazu zählt beispielsweise auch, dass Gruppen- und Raumgrößen im pädagogischen Alltag den Bedürfnissen einer Gruppe angepasst werden können. Die Personalkapazitäten können ebenfalls flexibel gehandhabt und die Gruppenbelegung auch unabhängig von rein pädagogisch orientierten Entscheidungen gehalten werden. Das Bildungskonzept auf Basis der Pädagogik von Maria Montessori bildet die Stütze und Richtschnur für die pädagogische Arbeit im Kinderhaus Wunderkind. Gemeinsam wird für die Kinder so eine Umgebung geschaffen, die ihnen - unabhängig vom Vorliegen eines besonderen Förderbedarfs - ermöglicht, sich autonom und selbständig zu bilden und sich dadurch heraus gestärkt, weiter zu entwickeln. 

Zitat Montessori: Wie muss ein Haus für unsere Kinder sein?  Es muss in uns selbst sein. Unser Benehmen, unser Wissen, unser Wunsch, ihr Wachsen zu verstehen. Das Haus, in dem unsere Kinder leben und dem sie vertrauen, sind wir. 

10 Jahre Kinderhaus Wunderkind weitergedacht: Lasst uns Räume schaffen für Kinder, in denen das Verschieden-Sein als Normalität gelebt werden kann!

Deborah Neuburger

 

Kinderhaus Wunderkind GmbH
Deborah Neuburger
Träger, Geschäftsführung, pädagogische Leitung
Gottfried-Keller-Str. 2
81245 München
Tel.: 08955050962
E-Mail: kinderhaus-wunderkind@gmx.de

Im Kinderhaus Wunderkind wird gelebte Inklusion zur Normalität. Wenn Inklusion nicht nur konzeptionell auf dem Papier steht, sondern tatsächlich gelebt, lassen sich durch inklusive Pädagogik sogar neue Ressourcen für den pädagogischen Alltag gewinnen, anstatt allein welche zu verbrauchen.

Region
München
Bundesland
Bayern
Laufzeit
01.2012
Stand der Informationen
4.4.2023